Diese Woche in der NDR Infonacht: Es ging um die Frage, wie wir mit den vielen Veränderungen besser umgehen können. Die Psychologin erklärt, weshalb sich der Menschen und sein Gehirn mit den vielen Veränderungen so schwertun. Am Ende fragt der Moderator sinngemäß: „Es gibt doch diese Life Hacks. Welchen können Sie empfehlen, damit wir besser mit Veränderungen umgehen können?“. Ich habe die Antwort der Psychologin nicht mehr gehört, hätte da aber einen einfachen Vorschlag: wir tauschen die Gehirne aller Menschen gegen ein Modell aus, das besser mit Veränderungen umgehen kann. Ein Life Hack im wahrsten Sinne des Wortes… 😊
Life Hacks für alle Lebenslagen?
Life Hacks versprechen schnelle Hilfe für fast alles: „Falte dein T-Shirt in zwei Sekunden“, „Trinke morgens Zitronenwasser, um gesund zu bleiben“ oder „Sag diesen einen Satz, um deine Beziehung zu retten“. Life Hacks sind wie eine Abkürzung: anstatt sich mit schwierigen Detailfragen und Entscheidungen herumzuschlagen, muss man nur das eine tun und Zack! – schon ist das Problem gelöst.

Dahinter steht ein Effizienzversprechen: alles lässt sich mit weniger Aufwand erledigen und die Zeit habe ich dann für andere, wichtige Dinge: Shoppen, auf dem Smartphone spielen oder endlich mal wieder das Auto putzen…
Ich kann nachvollziehen, dass für einfache Handgriffe Tricks und Ideen helfen, diese besser zu machen, so dass ich im Alltag wirklich etwas davon habe. Wenn vor einer Reise mein Koffer zu voll wird rolle ich die T-Shirts und schon passt mehr Kleidung hinein.
Sobald aber komplexere Probleme gelöst werden wollen kann ich von solchen Life Hacks nur abraten – insbesondere wenn es um zwischenmenschliche Themen geht. Was passiert denn, wenn ich in einer bröckelnden Beziehung den einen Satz sage, und der Partner ganz anders reagiert? Jeder Mensch mit etwas Lebenserfahrung sollte eigentlich wissen, dass Life Hacks hier nicht funktionieren können.
Deshalb kannst du in Zukunft auf Life Hacks verzichten:
- Jeder Mensch ist anders und die jeweilige Lebenssituation auch. Was für eine Person hilfreich ist kann für eine andere Person schädlich sein – selbst wenn es sich um fast identische Situationen handelt. So sind die Gründe für Beziehungskrisen so vielfältig wie Menschen und ihren Kulturen es sind. Eine Lösung muss auf den Menschen, die jeweilige Situation und alle ihre Aspekte passen. Ein Life Hack schafft das nicht.
- Selbst bei den eher praktischen Life Hacks frage ich mich, wie sich ein Mensch die alle merken soll. Gut – wenn ich im Netz nach der Lösung für ein bestimmtes Problem suche („mein Koffer geht nicht zu“) und dann einen Life Hack finde, kann mir das tatsächlich in dem Moment helfen. Möchte ich aber zu einem „Life-Hack“-Mindset kommen und mir mit möglichst vielen Life Hacks mein Leben vereinfachen, dann muss ich sie einüben, mich daran erinnern und hoffen, dass ich gerade dann, wenn die Situation kommt auch an den richtigen Life Hack denke.
- Life Hacks scheinen uns attraktiv zu sein, weil sie einfache Lösungen versprechen. Menschen lieben einfache Lösungen, weil das Gehirn darüber nicht groß nachdenken muss und so Energie spart (die wir für das nächste Spiel am Smartphone dringend brauchen 😉). Wie dieser Sparmechanismus uns immer wieder zu irrationalen Entscheidungen führt ist in vielen Studien belegt. Wenn du also gerne irrationale Entscheidungen triffst, dann sind Life Hacks sehr zu empfehlen. Meine Thesen dazu findet ihr auf dieser Seite.
Was wirklich hilft
Anstatt mit Life Hacks zu versuchen freie Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu bekommen ist es doch sinnvoller, sich gleich damit zu beschäftigen und nicht erst den Umweg über Life Hacks zu nehmen. Folgende Fragen können dabei helfen:
- Was möchte ich erreichen? Erstaunlicherweise kann unser Bauchgefühl diese Frage überraschend oft schnell und präzise beantworten. Mit der Frage zu üben hilft auf jeden Fall mehr, als sich die vielen Life Hacks für die verschiedenen Situationen zu merken. Kann ich die Frage nicht schnell beantworten lohnt es sich oft, die Nachdenk-Energie aufzubringen, um sie zu beantworten.
- Welche Haltungen und Gewohnheiten helfen mir? Wenn ich weiß, was ich erreichen möchte, dann kann ich die Haltungen und Gewohnheiten entwickeln, die mich dabei unterstützen. Wenn mich das Kofferpacken vor einer Reise stresst, weil ich nicht weiß, ob ich alles in den Koffer reinbekommen, dann hilft es auf jeden Fall, rechtzeitig mit dem Packen anzufangen. Es kann unheimlich entspannend sein, schon am Nachmittag vor dem Reisetag alles fertig zu haben. Darüber nachzudenken und für sich selbst Regeln zu entwickeln hilft mir viel grundsätzlicher als 100 Life Hacks.
- Was passiert, wenn es nicht optimal läuft? Im Zweifel muss ich ein paar Kleidungsstücke zu Hause lassen, damit der Koffer zugeht. Aber wann ist das Leben schon perfekt? Unser Gehirn wünscht sich sehnlichst eine perfekte Welt in Harmonie und ohne Probleme. Dann lässt sich nämlich am besten Energie sparen. Eigentlich wissen wir aus Erfahrung, dass die Welt nicht so ist. Das zu akzeptieren kann sehr entlastend sein.
Was wir dem Moderator der NDR Infonacht empfehlen können
Der arme Moderator (Name habe ich leider nicht rausgefunden) hat es mit der Frage nach einem Life Hack für ein Problem, das sich nicht mit einem Life Hack lösen lässt immerhin diesen Blogartikel inspiriert. Dafür schon mal meinen herzlichen Dank!
Statt eines Life Hacks helfen die obigen Fragstellungen nachhaltiger. Aus meiner Sicht ist die Frage, wie jeder persönlich mit den vielen Veränderungen umgehen möchte eine zentrale Frage, insbesondere für die seelische Gesundheit. Wenn ein Life Hack nicht weiterhilft, dann tun es vielleicht die oben skizzierten Fragestellungen.